Schafflund – Schafflund Nord und Süd-Ost

Die Gemeinde Schafflund ist Mitglied im Klimapakt der Region Flensburg. Mit dem Programm Energetischen Stadtsanierung bot sich die Chance, für die Ziele im Bereich des Klimaschutzes konkrete Umsetzungsstrategien und Handlungsansätze zu erarbeiten. Schafflund Nord und Süd-Ost sind zwei überwiegend durch Ein- und Zweifamilienhäuser der 1950er bis 1970er Jahre geprägte Quartiere,  durchmischt mit einzelnen Gewerbebetrieben und öffentlichen Gebäuden. Mit hohem Anspruch an Transparenz und Bürgerbeteiligung wurde hier ein energetisches Quartierskonzept erstellt. Es zeigt sinnvolle Lösungen im Zusammenspiel von Einzelmaßnahmen in der Gebäudesanierung und einer gemeinschaftlich organisierten regenerativen Wärmeversorgung auf. Eine Bürgerenergiegenossenschaft sollte den Betrieb der Wärmeversorgung übernehmen.

Einfamilienhausbestand im Konzeptgebiet Schafflund

Der Genossenschaftsvorstand bei der Gründung

Das Quartier

Einwohner 740
Fläche (in ha) 45 ha
Eigentümerstruktur Überwiegend private Hauseigentümer
sozio-ökonomische Ausgangssituation stabil
energetische Ausgangssituation Unterschiedliche Sanierungszustände der Gebäude. Individuelle, dezentrale Wärmeversorgungssysteme (Energieträger Gas und Heizöl).
Akteure Die Gemeinde Schafflund ist Initiatorin des Projektes. Eine Bürgerenergiegenossenschaft wurde für die Umsetzung gegründet. Ein Biogasanlagenbetreiber ist als Energielieferant beteiligt.
Förderkulisse Städtebauförderung keine

Konzepterstellung

Anlass der Konzepterstellung war im Schwerpunkt der Wunsch, die bereits bestehende Nahwärmeversorgung über die Abwärme aus dem lokalen Biogas-BHKW auszuweiten – Schule, Freibad, Amtsverwaltung, Kindergarten und einzelne Wohnhäuser werden bereits vom BHKW versorgt.

Das Konzept wurde von einer Unternehmensberatungsgesellschaft in Zusammenarbeit mit einem Energieberatungsbüro ausgearbeitet. Mit dem Konzept wurden im Wesentlichen zwei Handlungsfelder bearbeitet:

  • Energetische Gebäudesanierung durch Einzelmaßnahmen in den Quartieren
  • Initiierung einer gemeinschaftlichen regenerativen Wärmeversorgung als Bürgerenergiegenossenschaft

Es wurden Energieberatungsberichte und unterschiedliche Szenarien für die Gebäudesanierung für verschiedene Mustergebäude im Quartier entwickelt und in ihrer Wirtschaftlichkeit verglichen. Zur gemeinschaftlichen Wärmeversorgung wurden Wärmenetze unterschiedlicher Größe und mit unterschiedlichen Wärmequellen, hier Holzhackschnitzel, Freiflächensolarthermie und Biogas-Wärme, unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten geprüft. Der örtliche Biogasanlagenbetreiber lieferte die erforderlichen Daten zu seiner Anlage.

Die Mitwirkungsbereitschaft der Grundstückseigentümer war die zentrale Voraussetzung für die Umsetzung des Konzeptes. Deswegen wurde der Beteiligung und Transparenz in der Konzeptphase ein hoher Stellenwert beigemessen. Über verschiedene thematische Workshops wurden die Bürgerinnen und Bürger deshalb ausführlich informiert und einbezogen. Neben der Möglichkeit aktiv mitzuwirken, wurde mit www.mitmachwärme.de eine Kommunikationsplattform geschaffen, auf der alle wichtigen Informationen abrufbar sind.

 Die Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen des Konzeptes haben gezeigt, dass die Neuerrichtung eines Nahwämenetzes gespeist durch Abwärme des BHKWs der örtlichen Biogasanlage eine aus Sicht der privaten Eigentümer eine wirtschaftliche Lösung darstellt.

Umsetzung des Konzeptes

Im Sommer 2015 startete der Gründungsprozess für die Bürgerenergiegenossenschaft „Nahwärmeversorgung Schafflund eG“, welche als Betreiberin des zukünftigen Nahwärmenetzes auftreten sollte. Mehr als 30 Hauseigentümer haben sich für die Genossenschaft entschieden. Kurz vor Eintragung der Genossenschaft in das Genossenschaftsregister, entschloss sich  der Biogasanlagenbetreiber aus unvorhergesehenen wirtschaftlichen Gründen, die Wärmeversorgung selber anzubieten. Durch das im Prozess der Konzepterarbeitung aufgebaute gegenseitige Vertrauen waren die meisten Hauseigentümer bereit, ihn statt einer bürgerschaftlich getragenen Genossenschaft als Vertragspartner zu akzeptieren. Das neue Wärmenetz ist inzwischen verlegt. Der in der Konzeptphase ausgehandelte Wärmepreis ist für 10 Jahre festgeschrieben.

Ein für drei Jahre eingerichtetes Sanierungsmanagement soll nun die energetische Gebäudesanierung voranbringen. Darüber hinaus werden in den Quartieren weitere Wärmeinsellösungen weiterverfolgt. Der Vorschlag des Sanierungsmanagements Mustersanierungen zu begleiten und zur Einführung in die Thematik den Hauseigentümern kostenfreie Energieberatung zu bieten, stieß bereits auf gute Resonanz. Darüberhinaus will das Sanierungsmanagement versuchen, mehrere Hauseigentümer zu einer gemeinsamen Auftragsvergabe der energetischen Maßnahmen zu bewegen, um so Aufwand und Kosten zu sparen.

Untersuchungsfokus

Wirtschaftlichkeit von Nahwärmeversorgung im ländlichen Raum

Mit dem Konzept wurden unterschiedliche Netzvarianten im Zusammenspiel mit unterschiedlichen Wärmequellen vergleichend auf ihre Wirtschaftlichkeit geprüft. Aufgrund des sehr günstigen Wärmepreises ohne zusätzliche Investitionskosten in die Wärmeerzeugung erwies sich die Nutzung der Abwärme aus dem örtlichen Biogas-BHKW als wirtschaftlichste Lösung. Sie ermöglicht einen günstigen Wärmepreis von 7,43 Cent/kWh. Mehr als die Hälfte dieses Wärmepreises sind der Finanzierung des neu zu errichtenden Wärmenetzes zuzuordnen. Dies ermöglicht die „Abzahlung“ der Netzinvestition innerhalb von 15 Jahren. Die schnelle Abzahlung hat den Vorteil, dass nach 15 Jahren ein abgezahltes Wärmenetz mit einer technischen Lebensdauer von mehr als 20 Jahren in Hand der Genossenschaft gewesen wäre. Hierdurch wäre dann ein preisneutraler Austausch der Wärmeerzeugung grundsätzlich möglich gewesen.

Das Interesse der Bürgerinnen und Bürger aus den Quartieren in diesem Projekt hat gezeigt, dass eine kaufmännisch und technisch fundierte Konzeptionierung und Planung der Weg zu einer vertrauensvollen umsetzungsorientierten Bearbeitung eines Quartierskonzeptes ist.

Bürgerenergiegenossenschaft als Trägermodell

Die Möglichkeiten der Gründung einer Bürgerenergiegenossenschaft zu prüfen, war Teil der Aufgabenstellung für das Quartierskonzept. Die Idee stieß vor Ort auf große Resonanz und Bereitschaft zur Übernahme von Selbstverantwortung. Zwei Vorstände und fünf Aufsichtsratsmitglieder wurden gewählt. Auch die Ortsbürgermeisterin trat in den Aufsichtsrat ein.

Dass die Genossenschaftsidee in Schafflund nicht zum Tragen kam, lag begründet in besonderen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des Biogasanlagenbetreibers. Andernorts wird die Erfahrung gemacht, dass unter den aktuellen Rahmenbedingungen eine Genossenschaft in Bürgerhand zumeist das wirtschaftlichste Betreibermodell darstellt. Die individuellen Hemmnisse für die Bürgerenergiegenossenschaft in Schafflund können nicht pauschalisiert werden. Das Nicht-Umsetzen in Schafflund hat keine Strahlkraft. In Stedesand, einem Nachbarort von Schafflund, wird, angeregt durch das Schafflunder Beispiel, die nächste Gründung einer Bürgerenergiegenossenschaft vorbereitet.

Um den Aufbau und Betrieb vieler kleiner ehrenamtlich getragener Energiegenossenschaften zu unterstützen, wurde in Schleswig-Holstein nun – gefördert durch das Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume – eine Servicegenossenschaft, die „BEiK – Bürger Energie in Kommunen eG“, gegründet. Die BEiK eG bietet Bürgerinnen und Bürgern im ländlichen Raum eine professionelle, unabhängige Beratung zum Aufbau einer nachhaltigen Wärmeversorgung an. Die Serviceangebote reichen von der Planung über die Umsetzung bis zum Betreiben der Wärmeversorgung. So können z.B. die Verwaltung der Betreibergesellschaft oder die Abrechnung der Energielieferung an die Profis der BEiK eG übergeben und damit das ehrenamtliche Engagement entlastet werden.